196, Im anderen bei sich selbst sein. Hegel ever.

Die Abwesenheit des Geliebten ist die erfüllende Gegenform des süchtenden Ich – ein lustvoller Haufen gestrandeter Egos überall. Die Sehnsucht ist realer denn Erfüllung. Ich will mich nicht im anderen erkennen – der andere ist mein Booster: er verdoppelt mich! Im anderen bei sich selbst sein – das Ich reicht sich dafür nicht aus: bei sich zu sein.
Der nicht vorhandene, nicht handgreifliche Nächste wird Postulat des Ich-Körpers, Adressat seiner Bedürfnisse. Das sehnende, unvollkommene Ich ist eine Praxis der vorgestellten (anderen) Liebe, ein mächtiger Geist. Es ist der/ die abwesende Geliebte, der/ die mich mit da-seienden Gefühlen nährt. Das Handeln und Nicht-Handeln des Geliebten bestimmt die Praxis des Liebenden – wie ferngesteuert gilt der Kummer dem Anderen, statt sich für sich zu kümmern. Indem der Liebende sich um den Geliebten sorgt, sei er bei sich. Also Hegels Verständnis des Bei-sich-selbst-Seins im Anderen? Die Abwesenheit des Ich (von sich selbst) wird mit dem „Im-anderen-sein“ – all die Gedanken und Wünsche, die um dich oh Geliebte kreisen – aufgehoben? Das auf die Liebe konzentrierte Ich, seine Angebundenheit an die mit Gewissheit erwarteten Ereignisse oder Abfahrtszeiten des anderen ist seine Last und sein Beweggrund. Dieses Ich löst sich in die ihm eingebundenen evolutionären Versprechungen auf, verfolgt sie, geht in ihnen sich nach. Der Körper wird Projektionsfläche seiner von ihm selbst zugestandenen Versprechung auf Liebe und Geliebt-Sein. Die körperliche Präsenz der Anderen ist ein Unterstand für vergangene Versuche und erwartbare Möglichkeiten.

Verhältnisse mit anderen bieten Ausbruchsversuche aus dem Körper zum Körper an, zur Liebe hin. Liebe schon ausbrechen, ein Ort von Ausgängen, neu eröffneten, am Nullpunkt des Ich. Aufgebrochen aus dem Ich, wie trunken und schmerzlich in den anderen hinein brechend. Annäherung aus dem Verlust heraus.