229, Prosa

Das, was im bürgerlich-sozialen Wirklichkeitsprozess täglich tausendfach ausgespuckt wird, soll in der Prosa einer Beschreibung von Schicksal X Y ein Ausnahmefall sein. Etwas außerordentlich Unterhaltsames. Was im bürgerlichen Drama als individueller Extremfall in der Gesellschaft offeriert wird, ist wenigstens simultane Allgemeinheit, ist offenkundig zum Einzelfall verheimlicht: im individuellen Körper sanktioniert. Woyzeck schreit, Lenz atmet für uns. Die schicksalshaften Extreme einzelner Protagonisten sind die Gliedmaßen Ketten und Räder des gesellschaftlichen Körpers. Es ist das Individuum, das die Gesellschaft kaum aushält – es ist verbannt in die Literatur. – Nahrung für ästhetische Kompromisse.
Wie die funktionalisierte Reproduktion des Individualismus als saisonal modische wie thematische Wiederkehr einem geschäftlichen Interesse folgt, so kennzeichnet das Kopieren, Vervielfältigen, also dessen Verallgemeinerung andererseits seine Verweigerung. In die errungene Beliebigkeit abgeschoben, bricht der reproduzierte Individualismus, das uniform gemachte Individuum unter dem über ihm ausgeheckten Zielgruppengefängnis, seinen Zuschreibungen ins Nichts zurück. Aus der unerhörten Begebenheit eines Einzelschicksals folgt die Beschreibung der Schwierigkeiten, es zu beschreiben. Die Beschreibungsschwierigkeiten füttern das Bedürfnis nach einer (nur) beschreibenden Haltung: es entsteht eine vielfältige Prosa spekulativer biografischer Erlebnisse, um mit Beschreibungsakten Wirklichkeit zu entwerfen oder im Zustand des Schreibens zu installieren. Was sonst, können wir tun?