132, Kommunikation mit Freitag

Wenn nichts zwischen uns steht, so gibt es Nichts zwischen uns – d. h. für uns. So sind wir nicht Für-uns, sind gegeneinander gleichgültig, ohne Vermittlung, weil ohne zu Vermittelndes.
Kommunikationstechnik, die das technische Verschlingen – Speichern – von Sprache vorantreiben hilft, stellt heute die phänomeno­logische Breite dar, sie ist das, was die Erfahrung vermittelt, überbringt. Medium und Message. Cool ist, wie – über welche Medien – kommuniziert wird, kaum was. Die Möglichkeit zu kommunizieren, wird zunehmend vom Verständnis technischer Medien bestimmt – was deren Inbesitznahme voraussetzt. Zu den Bahnen der Kommunikation, zur Erfahrungsweiterleitung: Die schiere Möglichkeit des Erfahrungsaustausches von Erlebnissen in Echtzeit verhindert deren entstehen, stillt das ohnmächtige Schweigen und lässt zum Verinnerlichen wenig Platz. In den technoiden Abläufen der Kommunikation wird menschliche Erfahrung vernichtet, weil sie nicht zugleich kompatibel zum (neuen) Medium der Kommunikation sein kann. So ergießt sich das ungehörte Echo unangepasster Erzählweisen als ein hörbares Rauschen. Es entsteht eine Verstopfung, die als Speicherkapazität der Cloud begrifflich besetzt wie deutlich wird. Die Selektion – also die Beschränkung von Informationszugängen und die Konvertierung von Informationen in Informationsformate – gewährt Transport und Transformation von Informationen und schlägt orale und oder visuelle Besonderheiten ab. Selektion wahrt Komplexität, die das jeweilige System braucht, um sich zu erhalten.1Vgl. Niklas Luhmann, in: Soziale Systeme, Suhrkamp Verlag, Seite 94

Die mediale Monopolisie­rung entzieht Sinn vom Kommunizierten. Es ist Vehikel. Was nützen die Toten in Schiffen, Flugzeugen und in Bebengebieten? Kann ich mich als einzelnes Subjekt dazu verhalten? Sind wir vom Kapitalismus so vereinsamt, dass wir uns mit der Simulation von Kommunikation durch Turing-Maschinen (Siri, Alexa, Cortona) unterhalten fühlen.
Ohnmächtigkeit produzieren und abstrakte Menschlichkeit erzeugen. Ja.

Der Kampf um die Verfügungshoheit über Wissen, Information findet nicht mehr nur in, oder zwischen Universitäten, Hochschulen etc. statt, sondern in Servern, zwischen Providern, zwischen Algorithmen, Firmen und politischen Interessen. Die Verwaltung der Formationen aus Informationen, aus denen das Wissen abrufbar ist, ist das, worauf die ganze Anstrengung systemischer Macht, der modernen Kommunikations-Konzerne geht. Aus ihnen kann der Bedarf an Produkten abgeleitet bzw. erzeugt werden. Die Produktion von Informationshierarchie -und Selektion tritt an die Stelle von (bloßer) Wissenserzeugung. Der Kampf um „Wissen als Macht“ führt in den Kampf um Informationskanäle über Wissen. Das Wissen allein wird sinnlos ohne sein Transportmittel: Ohne dessen Medium, ohne dessen steter Kontextualisierung = Selektion. Wer nicht kommuniziert, fliegt raus! Wer das elektronische Netzwerk nicht nutzt, wer keine Spuren hinterläßt, läuft Gefahr, ausgeschlossen zu werden.

„Wer nicht dabei war, wer nichts gesagt hat/ Wie soll der zu fassen sein!/ Verwisch die Spuren!”
(Brecht, Gedicht I, in: Lesebuch für Städtebewohner)

Ein Beispiel medialer Macht wie Abhängigkeit:
„Was wäre, wenn Sie morgen keinen Zugriff mehr auf Ihr Google-Konto hätten?“2Google Werbekampagne Die Drohung wird weiterausgeführt:
Sollten Sie nicht mehr auf Ihr Konto zugreifen können, bedeutet dies unter Umständen, dass Sie keine E-Mails mehr an Ihre Freunde senden, keine online erstellten Fotos oder Dokumente mehr öffnen und nicht mehr auf die Informationen zugreifen können, die in Ihrem Google-Konto gespeichert sind. Sorgen Sie dafür, dass Sie diese wichtigen Daten nicht verlieren, und richten Sie noch heute Optionen zur Kontowiederherstellung ein. Weitere Informationen über die Optionen zur Kontowiederherstellung.“3Google-Text aus der Werbekampagne zur Kontowiederherstellung  Man braucht den Satz nur umdrehen: Wenn man nicht auf sein Konto zugreifen kann, dann nur, weil man keine Spuren hinterlassen hat. (Natürlich auch: dass man es nicht durch online gestellte Fotos etc. genutzt hat.) Die Mobilnummer möchte Google auch in seinen Besitz bringen.

 

 

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