56, Saugen und Identität (Chronik einer Liebe, III)

Das Saugen an der Brust als der einzig geglückte Wahnsinnsmoment von Identität, ein Ich mit dem und durch den Anderen zu sein. Abhängig und geliebt, versorgt zugleich. Ein das Innen wie Außen stillendes Verhältnis. Ein Glück, das im Geborenwerden zu einem wegplatzenden Rest-Erinnerungs-Moment schrumpft, dass man Eins gewesen ist.  Beim Geburtsakt überrascht – losgerissen – worden, nun „beschmutzt und bekotet ans Licht tretend“1Klaus Heinrich, in: arbeiten mit ödipus, Dahlemer Vorlesungen, Verlag Stroemfeld, Roter Stern, Basel, Frankfurt am Mein, 1993, Band III, Seite 217, ist man durch die Höhle gekrochen und sucht von Geburt an wieder den Anderen. Identität war im Anfangen, zu Beginn der Existenz eine Zweisamkeit. Ein verschweißter Dualismus, der sich auf die Vergangenheit stützt: Die Welt als Suchort nach Identitätsmustern der verlorenen Einigkeit, Verschmel­zung. Es gilt, mit dem Anderen zu leben, d. h. durch ihn mir zu ermöglichen, den eigenen Ursprung, Anfang wieder, bestätigend, mit zu erleben, heißt: In-Beziehung-sein, um wieder anfangen zu können, zu saugen.
Ich wiederhole in meinem Verlangen nach dem, was ich als beginnendes Ich war, das Verlangen des Außen, des stillenden Objekts, um wieder ein zweisames Ich zu werden, in es hinein zu kriechen oder sich als einzelnes Ich aufzulösen. Das Primat ist nicht in der Spiegelung, sondern im Gespiegelten zu erkennen. Alles andere ist nur Schwächung.

 

 

 

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