119, Schicksal oder Fehlfunktion: Künstlertum

Dass meine Umwelt nicht von mir partizipiert, obwohl ich angehalten bin, mich an ihr empathisch zu beteiligen, entwickelt sich zur Abkehr von Partizipation. Die Enttäuschung, Kränkung erschöpft sich schließlich in Hemmung, Abwehr. Eine vermeintliche Ich-Mächtigkeit ist im Gang: Solipsismen aller Art, Größenwahn. Wenn die Welt nicht nach meinen Blicken sucht, sich nicht interessiert, wie, was ich sehe, erhebe ich auf die Fatalität Anspruch, sie nicht mehr wahr zu nehmen, verbinde die Augen und verweigere ihr, was ich in ihr gesehen habe, was ich in ihr ausdrücken kann, lehne ab, was sie mir geben soll: Beteiligung, Aufmerksamkeit. Aber: Der Blick ist jetzt frei, in die tiefsten Tiefen des Ich zu starren.
Die vom künstlerischen Subjekt angestrebte Verwehrung, sich als funktionaler Teil in die Welt einzuordnen, ist eine Stilisierung seiner widerständigen Einfalt, damit es im Licht der Welt gesehen werden kann und wird zur psychologischen Metapher gegen Licht. Die abgelehnte, aber so sehr von diesem künstlerischen Subjekt angestrebte Affirmation als Teil der Welt zu gelten, ist für es um so grausamer, weil es sich nach der nicht erteilten Teilhabe, desto mehr als Appendix, als verzichtbares Teil empfindet. Als würde das Licht – als Metapher für soziale Interaktion – schuld sein, beginnt das Subjekt sich vor dem Licht der Öffentlichkeit zu vergraben. Es richtet sich im Dunkeln ein, um nicht vom erhellenden gesellschaftlichen Tag abhängig zu sein. Die Kritik gegen die Welt entspricht so sehr der Sehnsucht nach ihr. Die Welt verliert, was das Subjekt in ihr sein könnte: teilnehmende Wirklichkeit. Die Leerstellen werden zur Parallelwelt konstruiert.
Das betätigte Ich. Keiner ihm die Geburt vergab. Alles ihm Niemand. Mit Blinden sicher. Das entkörperlichende Verhältnis der Nacht zu ihren Gespenstern, zu den von ihr heimisch befallenen Objekten, läßt die Ideen, Vorstellungen geradezu physisch erscheinen. Nichts wird mehr gesehen, das Auge kollidiert mit der Dunkelheit, nur noch wird es stolpern. Es ist nun Platz in leerer Umgebung, Umnachtung, sich Gedanken zu machen, Angst zu entwickeln. Die Sorge im Vielen, am Tag, im Licht flüchtet sich in die Geborgenheit des Dunklen, der Farben, Worte und Gespinnste.

 

 

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