105, Angriff und Verteidigung

Jede Verteidigung gibt Areal des Angriffs auf, hinterlässt Angriffspotential zugunsten der Stabilisierung der Linien, des eigenen Nahberreichs. Die Verteidigungsnot des Subjekts liefert es der gesellschaftlichen Schlachtordnung aus. Es müsste sich mit anderen sammeln und weniger verezinzelt kämpfen.

Der im Bürgerlichen Gesetzbuch sanktionierte Egoismus des Einzelnen wird realiter untergraben mit dem ihm zugestandenen wie verbrieften Recht, mit anderen, was immer heißt: gegen andere ein Geschäft zu machen. Bellum omnium contra omnes. Die bürgerliche Freiheit ist das Recht eines Einzelnen, der in seinem Recht das Recht anderer beschneidet: „Die Pointe liegt vielmehr darin, daß das Privatinteresse selbst schon ein gesellschaftlich bestimmtes Interesse ist und nur innerhalb der von der Gesellschaft gesetzten Bedingungen und mit den von ihr gegebnen Mitteln erreicht werden kann, also an die Reproduktion dieser Bedingungen und Mittel gebunden ist. Es ist das Interesse des Privaten; aber dessen Inhalt, wie Form und Mittel der Verwirklichung, durch von allen unabhängige gesellschaftliche Bedingungen gegeben. Die wechselseitige und allseitige Abhängigkeit der gegeneinander gleichgültigen Individuen bildet ihren gesellschaftlichen Zusammenhang. Dieser gesellschaftliche Zusammenhang ist ausgedrückt im Tauschwert, worin für jedes Individuum seine eigne Tätigkeit oder sein Produkt erst eine Tätigkeit und ein Produkt für es wird…“1Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, MEW Band 42, Dietz Verlag Berlin, Seite 90

Die oberste Therapieverordnung lässt nicht zu, dass jemand sich verteidigt. Nur im Verschwinden entzöge sich das Subjekt dem Angriff. „(…) Stets scheint die Reduktion das letzte Mittel der Annäherung an Realität und Idealität, des Überlebens in der Materie oder in der Idee zu sein.“2Max Bense, in: Ausgewählte Schriften, Band 1, Metzler, Seite 315 (Nachwort)

 

 

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