44, pathologische Figuren der Erfahrung – Schulalltag

Die Konfrontation gewohnter Lern-Erfahrung mit neuen Verhältnissen der Anpassung durch andere, neu hinzu kommende Lernkontexte – im Schulalltag alltäglich – kann als ein Erfahrung-Machen-Müssen gegen die schon erkämpfte, gewonnene, etablierte Erfahrung, als Erschöpfungszustand gegen die neu zu erbringende Anpassungsleistung gedacht werden. Dieser Zwiespalt könnte wie ein Leiden über den Verlust von gewonnen Lernerfahrungen vorgestellt werden: als Erleben des Widerspruchs zwischen neuem Lernkontext und der Zerstörung bisheriger Lernkontexte, Anpassungen.1Gregory Bateson, „Menschliche Wesen haben eine Bindung an die Lösungen, die sie entdecken, und gerade diese psychologische Bindung macht sie verletzbar, wie Mitglieder einer schizophrenen Familie verletzbar sind.“, in: Ökologie des Geistes – Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven, Übersetzt von Hans Günter Holl, Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Erste Auflage 1985, Seite unbekannt Der Lernkontext etabliert eine Bindung an das Gelernte.2Ervin Goffman, in: Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1977, 10. Auflage 2018, Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Seite 409 Gefangen in zu starker Fixierung, d. h. nicht erfolgter Ablösung oder Aufhebung der erlernten Anpassung, droht eine Aufspaltung des In-der-Welt-seins, eine Abspaltung vom sozialen Raum: in ein Innerhalb-des-Rahmens und ein Außerhalb-des-Rahmens des Anpassens. Das Beobachten des Nicht-Beobachten-Könnens stellt sich zwischen Welt (sozialer Raum) und Körper (Beobachter). Ausgeworfen aus dem bisher gelernten Erfahrungs-Rahmen, aus der etablierten und bisher gültigen Verhaltens-Norm gemäßer Erfahrung, gestresst bis unglücklich, etabliert sich die Orientierung am gewohnten Erfahrungsraum.
Ervin Goffman: „Hatte er [= jemand, ein Mensch, Hinzufügung HG Köhler] einen Platz in einem wohlgerahmten Reich einzunehmen erwartet, so steht ihm jetzt kein bestimmter Rahmen unmittelbar zur Verfügung, oder der Rahmen den er für anwendbar gehalten hatte, scheint es nicht mehr zu  sein, oder er kann in dem Rahmen, der zu gelten scheint, selber nicht Fuß fassen. Er kann keine brauchbare Reaktion mehr zustandebringen. Er kommt ins Schwimmen.“3Ervin Goffman, in: Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1977, 10. Auflage 2018, Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Seite 409

 

 

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