97, Terminator Ödipus

In das Gestern kriechen, die Geschichtsschreibung benutzen, um den laufenden Tag zu regeln. Wider das Orakel. Ein ungefähres Modell zur psychoanalytischen Behandlung: Es heißt, den Patienten aus seinem Vergangenen heraus zu verändern, indem die Vergangenheit geändert, neu geflochten wird, neu interpretiert: damit die Geister aus der Zukunft kommen können. Allerdings mit der Gefahr, das die Zukunft verhindert wird, um der perhorriszierten Veränderung des Vergangenen zu entgehn (Terminator II). Die Zukunft kommt nicht in Gang, wenn die Vergangenheit unendlich umgebaut wird. Weil die Wirkungen des Umbaus nicht vorhergesagt werden können, kommen sie nicht zu Stande.
Wie weit muß das be-handelte Subjekt sich voraus sein, in einem sich prognostizierten vorausgeeilten Lebensentwurf, damit es wissen kann, wie es nicht werden will, also zu wissen, was mit dem Selbst passiert. Die industrielle Medizin geht einen anderen Weg: Sie suggeriert eine gentechnische  Bestimmbarkeit eines diagnostischen Punktes weit vor dem kritischen Punkt des Subjekts – sein Eintritt in die Krankheit. Die Linderung ist profitabler als die Heilung. Die gentechnische Untersuchung des Erbmaterials Paarungswilliger  soll dem zukünftigen Subjekt eine Zukunft ermöglichen, die nicht durch eine schlechte, degenerierte Vergangenheit seiner Eltern bestimmt ist.

Liebe und Zeit
Allein das Liebesbedürfnis, das sich zuerst den Eltern zuwendet, blendet die Zeitfäden des Subjekts aus. Die Liebe benötigt keine Vorstellung der Zeit. Der Koitus bedingt und erzeugt ein Vergessen, das Türen öffnet. Bestimmt durch die getötete Zeit, nicht von der gelebten. Liebesbedürfnis = Therapiebedürfnis, sich gegen das (gesellschaftliche) Leben abzudichten und oder für das Leben zu heilen.
Aber diese Linie existiert nicht. Die menschlich bestimmte Zeit kehrt jäh in ihr Werk zurück, zerteilt sich in jeweilige Konflikte, Verwandtschaften. Sie ist eine unzählig auftretende Parallelsekunde, durchschwirrt überall jede Biografie, vernetzt sich berührt sich mit sich selbst, so dass sie dem Einzelnen als sein Schicksal erscheint.

 

 

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