98, Beschreibungsweisen als soziale Synchronisation

Sprachverwaltungen
Das Verrücken des Menschen durch bestimmte Beschreibungsweisen, die in sprachlichen Spaltungen verkehren bis diese Spaltungen auf das Subjekt der Beschreibung übergehen – sie sind dann seine Kleider. Eingehaun ins Subjekt. Damit muss es sprachlich umgehen, denn die Sprache ist ein Erkenntnisorgan des Menschen. Die Verwaltungsakte in der Sprache, die sprachlich manifeste Verwaltung von Welt, die gespaltenen Zungen werden in die kontextuelle sprachliche Existenz anderer Sprach-Teilnehmer hinein getrieben, sozial synchronisiert. Die Versicherung der Zugehörigkeit des einzelnen Subjekts mittels der Sprache zum gesellschaftlichen Sprach-Zusammenhang wird labil oder gar abgeschnitten, wenn durch Administrierung vorgegebene Sprachakte dem Beobachter/ Subjekt gänzlich als indefiniter Realitätsbereich erscheinen. Das so behandelte Subjekt wird in diesen Sprachakten geborgen als ein Empfangs-Rohstoff. Ermittelt und entkleidet, ist es nicht mehr teilnehmend und findet sich darin nicht zurecht. Es ist angehalten, sein sprachliches Territorium als Handlungsraum aufzugeben. Es kann nicht in den Fluss zwischen Beobachtung und Beobachteten treten, wenn es sich nur als betrachtet empfindet. Es repräsentiert ohne Präsenz. Die Zertrümmerung der Welt für diesen Menschen schlägt in verquere Sprachlichkeit um. Die Redundanz und oder die Beschränktheit gesprochener Inhalte ist Symptom, Ausdruck versuchter Haltegriffe geworden. Litanei. Gleichsam als Gegenbewegung kann solch nichtverständiges Sprach-Subjekt sich idealiter noch im sprachlichen Raum verstecken, wenigstens mit den Buchstaben fechtend, derweil im gesellschaftlichen Verkehr das Blut fließt oder der Schreibschweiß. Fiebrig – noch ist‘s nicht entschieden.
Die Unterscheidung zwischen der Sprache der Wirklichkeit und der Wirklichkeit der Sprache führt in sprachlich nicht abgedeckte Leerstellen, dann zu den von ihnen gerissenen ontologischen Löchern – denn ohne Sprache ist Wirklichkeit, die gesellschaftliche Realität, nicht für das sprechende Subjekt zu verhandeln. „Lebendig-Sein heißt an sprachlicher Wirklichkeit teilhaben, aber diese Teilhabe bedeutet für den Menschen, der >>nach Gottes Bild erschaffen<< ist, Teilhabe an der Schöpfermacht des Seins durch Sprechen, d. h. nicht bloß >>Entsprechen<<, sondern schöpferisches Sprechen, und schöpferisches Sprechen in einer sprachlichen Wirklichkeit bedeutet: diese sprechend verwandeln, und die Verwandlung sprachlicher Wirklichkeit, die diese nicht zerstört, ist Übersetzen. Nicht-Übersetzen wäre Verrat an der sprachlichen Wirklichkeit. … Treue halten, dieser zweideutiger Begriff, wird zu einem Synonym für Übersetzen.“1Klaus Heinrich, in: Versuch über die Schwierigkeit nein zu sagen, Stromfeld Verlag, Frankfurt am Main, 4. Auflage 2002, Seite 112
Der sprechende Mensch ist im Sprechen, im Namen und Begriffe geben, immer schon Übersetzer seiner Lebenspraxis.
„Menschen existieren daher im Bereich der Objekte, die sie durch ihr Sprachhandeln hervorbringen.“
„Wenn sich der Körper verändert, ändert sich das Handeln in Sprache, und wenn sich das Handeln in Sprache verändert, verändert sich der Körper. Hierin liegen die Macht und Gewalt der Worte. Worte sind Knotenpunkte in den Koordinationen von Handlungen im Prozeß des Sprachhandelns und entstehen als solche durch strukturelle Interaktionen zwischen Körperlichkeiten.“2Humberto R. Maturana, in: Biologie der Realität, stw 1502, Suhrkamp 2000, Seite 202 und 204

 

 

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