172, Sprechen in Grenzen

Das eigene Sprechen ist ein gefährdetes Operieren inmitten einer durch Sprache sanktionierten Welt, die weniger dem Ausdruck der Sinne dient, sondern vielmehr als technokratisches Medium der Realitätsanweisung fungiert. In der sozialen Notwendigkeit der Kommunikation gewährt die massenmediale Sprache kein Entkommen. Bei Marx steht irgendwo: Die vorherrschenden Gedanken spiegeln die Gedanken der Herrschaft wider. Wenn Sprache das Denken exekutiert, folgt die Herrschaft – der common sense – auf dem Fuße. Das, was medial gesagt wird, dringt als verzögerter Realitätsvollzug in die Köpfe ein. Der vorherrschende sprachliche Medien-Raum vollzieht nicht nur, was real ist, sondern auch, was Realität werden und sein soll. Das Wörtlichnehmen der Sprache, wie es in Gesetzestexten oder Gebrauchsanweisungen stattfindet, erscheint als eine Erpressung des Lebens durch die Schrift. Denn hier wird sie auf einen Gegenstand eingegrenzt und vom Leben abgekoppelt. Schwarz auf Weiß.
Die Wirklichkeit der Sprache ist ihre Grenze.

 

 

Kategorisiert in: